Thesen
Thesen der Burgenforschung
Leider muß den Burgenromantikern unter Ihnen einige oft verklärte
und falsche Illusionen genommen werden (Diese Thesen werden in der
modernen Burgenliteratur heute größtenteils als feste Regeln
angenommen):
Bergfriede waren die letzte Zuflucht vor dem Feind
Nicht ganz richtig- Mal ehrlich, würden Sie sich in einen
schwindelerregend hohen Steinturm vor einer Meute randalierender
Landsknechte zurückziehen und auf irgeneine Hilfe warten? Sie wären
in diesem Steinverlies gefangen und könnten der Meute nicht mehr
entkommen. Man würde Sie ausräuchern oder aushungern. Die Flucht
durch eine versteckte Hintertür unter Aufgabe der Burg aber dem Erhalt
des Lebens wäre doch sicher die bessere Lösung. Dies meint seit
kurzem uch die moderne Burgenforschung. Der Bergfried also mehr
Symbol der Macht und Element der Überwachung? Die Aufgaben des
mittelalterlichen Bergfriedes sollten neu überdacht werden.
Siehe z.B. Boxler:" Burgenland Schweiz" Solothurn 1990, S. 48;
Zeune: "Burgen-Symbole der Macht" Regensburg 1996
Burgen wurden von einer Vielzahl tapferer Ritter
bewacht
Falsch- Die durchschnittliche mittelalterliche Burg wurde nur von
höchstens einer Handvoll Personen in Friedenszeiten betreut. Mit etwas
Glück fand man auch einen bewaffneten, meist adeligen Berittenen,
also einem Ritter der entweder stolzer Besitzer oder Ministeriale dieser
"Immobilie" war.
Siehe z.B. Krahe: Burgen- Grundrißlexikon; Würzburg 1994
Aus der Pechnase wurde siedendes Pech geschüttet
Falsch- Dies mag in Ausnahmefällen sicher vorgekommen sein, die
Regel wird aber vermutlich eher gewesen sein diese Öffnung als
Wurferker verwendet zu haben, also den Feind vor dem Tor mit
Geschossen oder Steinen beschossen zu haben. Wer hatte in solcher
Situation Zeit Pech zu kochen, vor allem auf einem engen Wehrgang.
Woher sollte dieses viele Pech stammen? Siehe Pechnase
Siehe z.B. Zeune: "Burgen-Symbole der Macht" Regensburg 1996
Burgenleben war romantisch und komfortabel
Falsch- Die durchschnittliche Burg war eng, feucht, kalt, stickig und
dreckig, Fensterglas war Luxus. Wer schon einmal versucht hat einen
großen unisolierten Raum mit einem Kamin zu heizen ahnt, wie kalt die
Winter auf einer Burg waren. Die "Kemenate" für die Tochter des
Besitzers war wohl absoluter Luxus, der Rest der Bewohner schlief
zusammen in einem Raum oder im warmen Stall bei den Schweinen.
Siehe z.B. Krahe: Burgen- Grundrißlexikon; Würzburg 1994
Burgenforschung kann eine Burg eindeutig
rekonstruieren
Falsch- Auch Burgenforscher sind nur Menschen. Anhand von Quellen
kann die jeweilige Burgengeschichte zwar rekonstruiert werden, da aber
oft verschiedene Quellen, die sich widersprechen, vorliegen oder
Wissen nur mündlich oder als Legenden oder Halbwahrheiten
überliefert ist, ist eine eindeutige Dokumentation schwierig. Gebäude
müssen oft wegen fehlender Bausubstanz fiktiv rekonstruiert werden.
Dies birgt oft Konflikte zwischen verschiedenen Burgenforschern,
welche oft differente Meinungen haben. Aus diesem Grund ist die
"Burgenbranche" oft leider sehr zerstritten. Zusammenarbeit zwischen
den verschiedenen Interessengruppen ist selten und fordert viel
Toleranz gegenüber anderen Meinungen. Aus diesem Grund ist der
Informationsaustausch unter den Burgenforschern leider meist sehr
schlecht und viel Wissen geht, da aus Angst vor Kritik nie veröffentlicht,
nach dem Tode des Forschers verloren.
Die Deutsche Burgenvereinigung (DBV) hat die große Leistung
vollbracht unter einem Dach verschiedene Interessengruppen zu
vereinigen. Hier auch ein großes Lob an den DBV-
Landesverbandsvorsitzenden (Baden-Württemberg) Herrn Thomas
Leibrecht der mit viel Engagement sich für diese Sache einsetzt